„Das endlose Spiel“ von Simon Sinek
Das Wesentliche in Kürze!
Simon Sinek ist prominenter Wirtschaftsvordenker, Unternehmensberater und Bestseller-Autor aus Großbritannien. Mit seinem Buch „Frag immer erst: Warum“ (engl. „Start with Why“) wurde er auch im deutschsprachigen Raum einem größeren Publikum bekannt. In zahlreichen Vorträgen, u.a. im TEDx-Talk, stellt er die Haltung der Führungskraft bzw. des Unternehmens in den Mittelpunkt.
»Das unendliche Spiel« wagt einen grundsätzlichen Blick auf unser Wirtschaftsgeschehen und formuliert die These, dass die meisten Unternehmenslenker und Führungskräfte eigentlich ein Spiel spielen, das nicht den aktuellen Gegebenheiten gerecht wird. In ihrer begrenzten Sichtweise auf Unternehmen und Markt glauben sie, in einem Spiel mitzuspielen, dessen Regeln definiert sind und in dem sie mit einer definierten Anzahl von Mitspielern zu tun haben.
Tatsächlich gelten aber andere Bedingungen: Spieler kommen hinzu oder verlassen das Spiel, feste Regeln existieren nicht und Gewissheiten werden durch aktuelle Entwicklungen, Disruptionen und andere Einflüsse hinweg gefegt.
Simon Sinek stellt heraus, dass mit dieser begrenzten Sichtweise Organisationen entstehen, die nur schwierig mit anderen kooperieren können. Auch ihre Innovationsfähigkeit ist dadurch gefährdet. Sie verlieren Vertrauen.
Mit fünf Prinzipien beschreibt Sinek, wie man zu einem Unternehmenslenker wird, der eine nicht begrenzte Sichtweise entwickelt, seine Organisation stark und wettbewerbsfähig macht und Loyalität und die Hinwendung zu einem höheren Unternehmenszweck fördert.
5 Prinzipien für langfristigen Erfolg
Was unterscheidet den langfristig erfolgreichen Unternehmer von allen anderen? Was macht den großen Erfolg von Unternehmerpersönlichkeiten wie Wolfgang Grupp (TRIGEMA) oder Heinz Hermann Thiele (KNORR-BREMSE) aus?
Sie spielen das Spiel nach ihren eigenen Regeln und mit anderen Zielen, als die meisten anderen Unternehmer und Manager: Für sie steht nicht der kurzfristige Gewinn, das nächste Quartalsergebnis oder die erzielte Kostensenkung im Fokus!
Ihr Ziel ist es, möglichst lange im Spiel zu bleiben! Um das zu erreichen, müssen sie innovativer, flexibler und pragmatischer sein als ihre Wettbewerber. Sie folgen nicht den Management-Ideologien, die gerade in Mode sind, sondern konzentrieren sich darauf, was sie beeinflussen können: die eigenen Abläufe, die eigenen Produkte, das eigene Know-how und die eigenen Mitarbeiter.
Sie könnten Vorbilder gewesen sein für die fünf Prinzipien, die Simon Sinek als wesentlich für „infinite-minded leaders“ bezeichnet:
PRINZIP 1: Fördern Sie einen sinnvollen Unternehmenszweck. Um in einem unbegrenzten Spiel gewinnen zu können, muss die Unternehmensführung eine klare, eindeutige Vision darüber haben, welchen übergeordneten Sinn ihr Unternehmen hat. Wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, an etwas mitzuwirken, das größer als sie selbst ist, sind sie inspiriert und motiviert, diesen übergeordneten Zweck zu unterstützen. Vor dem Hintergrund des „Grossen und Ganzen“ treten kurzfristige Belohnungen in den Hintergrund. Die angestrebte Vision muss dabei fünf Kriterien genügen:
- Sie muss für etwas stehen und sich nicht gegen etwas positionieren. Gegen etwas zu sein – wie z.B. den Wettbewerber X zu schlagen oder Marktführer zu werden – beschreibt ein begrenztes Spiel, das früher oder später zu Ende geht.
- Die Vision muss offen für jedermann sein. Sie darf niemanden ausschließen und sollte jeden inspirieren, der bereit ist, seine Zeit und Energie dem großen Ziel zur Verfügung zu stellen.
- Im Vordergrund muss der Nutzen für andere stehen. Der Erfolg des Unternehmens kann nur die Folge davon sein, dass die Bedürfnisse von echten Menschen befriedigt werden. Und diese Sichtweise beherrscht alles. Während der klassische Investor – wie ein Spieler – sich nur auf den Profit konzentriert, geht der aufgeklärte Investor davon aus, dass die Profite viel größer sein werden, wenn echte Probleme vieler Menschen gelöst werden können.
- Die Vision muss über den täglich stattfindenden Veränderungen in Politik, Gesellschaft und Technologie stehen. Märkte entstehen, wachsen und verschwinden wieder. Technologische Entwicklungen können ganze Branchen auslöschen und Produkte überflüssig machen. (Elektro-Autos brauchen keine Kühlflüssigkeit.) Eine gute Vision ist zeitlos, unempfindlich gegen Veränderungen und auf Dauer angelegt.
- Die Vision sollte idealistisch, stolz und unerreichbar sein. Eine Vision beschreibt immer ein Ideal, das – egal wie sehr man sich auch bemüht – einerseits unerreichbar bleiben wird, andererseits aber für die Zukunft motiviert.
PRINZIP 2: Schaffen Sie ein Umfeld, in dem sich Ihre Teams gegenseitig vertrauen können. Denn Vertrauen ist die notwendige Grundlage für eine leistungsfähige Organisation. Wenn in Ihren Teams Misstrauen herrscht, sorgt das nur dafür, dass die echten Probleme verschleiert werden und die Mitarbeiter Informationen verschleiern und nicht um Hilfe bitten können, wenn sie Hilfe brauchen.
Eine Vertrauenskultur aufzubauen, funktioniert gut, wenn Sie dafür Meeting-Formate einrichten, in denen Mitarbeiter sich sicher fühlen können. (Simon Sinek nennt diese Formate „Circle of Safety“.) Ähnlich zu Selbsthilfegruppen können Mitarbeiter in diesen Meetings über ihre Fehler, Unsicherheiten und Ängste sprechen.
Ein ausgebildeter Moderator sorgt dafür, dass die Mitarbeiter sich gegenseitig zuhören und unterstützen. In meiner Coaching-Praxis moderiere ich diese Formate für meine Klienten. Die positiven Ergebnisse sprechen für sich.
PRINZIP 3: Finden Sie würdige Gegner. Wenn wir mit der traditionellen, begrenzten Sichtweise auf unser Business schauen, sehen wir uns von unseren Wettbewerbern als Gegner umgeben, die geschlagen und vernichtet werden müssen. Unseren Feinden begegnen wir nicht auf Augenhöhe, sondern immer aus einem Über- oder Unterlegenheitsgefühl.
Sehen wir sie aber als würdige Gegner an, begegnen wir ihnen auf Augenhöhe. Dieser Perspektiven-Wechsel macht einen großen Unterschied: Würdigen Gegnern trauen wir zu, vergleichbar gute oder bessere Produkte als wir zu produzieren. Wir trauen ihnen zu, bessere Kundenbeziehungen zu haben oder eine bessere Strategie. Von würdigen Gegnern sind wir bereit zu lernen. Und wir akzeptieren, dass es in einem Markt mehrere Anbieter geben kann, die nebeneinander existieren können.
Wenn wir würdige Gegner akzeptieren und uns selbst als würdige Gegner ansehen, konzentrieren wir uns darauf, unser eigenes Angebot zu schärfen. Das ist erfolgreicher, als uns an den Erfolgskennzahlen unserer Wettbewerber, z.B. Produktionskosten pro Einheit, zu messen.
PRINZIP 4: Das Unternehmen auf maximale Flexibilität ausrichten: Wenn Sie mit einem „infinite mindset“ an Ihre Führungsaufgabe herangehen, richten Sie Ihr Unternehmen darauf aus, auch plötzlich auftretende Störungen und Veränderungen erfolgreich bewältigen zu können.
Sie gestalten Ihre Kosten- und Produktionsstruktur so flexibel wie möglich, um auf geänderte Nachfrage schnell und mit hoher Qualität antworten zu können. Sie suchen permanent nach Möglichkeiten und neuen Ideen, um Ihr Unternehmen im Spiel zu halten und den Unternehmenszweck zu verwirklichen.
So stellte z.B. Wolfgang Grupp in 2020 innerhalb kürzester Zeit die Produktion von TRIGEMA auf die Produktion von Gesichtsmasken um – ein Produkt, das in der Kernkompetenz von TRIGEMA liegt – Textilproduktion – und verhinderte dadurch, auf staatliche Hilfen und Kurzarbeit für seine Belegschaft zurückgreifen zu müssen.
PRINZIP 5: Mutige Führung ist die Voraussetzung, um das „unendliche Spiel“ erfolgreich spielen zu können. Wenn die Dinge gut laufen, passiert es schnell, dass der Fokus auf den eigentlichen Unternehmenszweck verloren geht. Da wird im Leitungsteam gerne darüber diskutiert, ob das Leitbild und die Vision nicht mal eine Überarbeitung brauchen oder ob man sich nicht auch in anderen Märkten tummeln sollte.
Wenn das Unternehmen gute Gewinne macht, sind solche Initiativen ein gutes Mittel, um den Shareholdern zu zeigen, wie dynamisch und innovativ das Management ist.
Es braucht Mut und Stärke, um sich als Führungsteam nicht ablenken zu lassen, sondern sich weiter auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist: Die gute Unternehmenskultur aufrecht zu erhalten, alle Teams auf den eigentlichen Sinn ihrer Arbeit einzuschwören und die beste Leistung zu bringen, die möglich ist. Damit man so lange wie möglich am großen Spiel teilnehmen kann!