„Creativity, Inc.“

 Ed Catmull

 

Welche Art der Organisation und welche Prinzipien bringen das Beste aus und das Beste in Mitarbeitern hervor? Welche Art von Arbeitsumgebung sorgt für die besten kreativen Ergebnisse?

Pixar-Mitbegründer Ed Catmull teilt seine Erkenntnisse aus Jahrzehnten als Chef eines der kreativsten Unternehmen aller Zeiten. Er führt uns hinter die Kulissen von Pixar, wie es sich von einer jungen Animationsschmiede zu einer Stärke entwickelte, die sogar mit Disney mithalten kann. Mit war beim Lesen am wichtigsten, dass er konkrete Maßnahmen und Erfahrungen teilt, mit denen es ihm gelungen ist, die brillanten und kreativen Köpfe die für ihn arbeiteten, gesund, zufrieden und produktiv zu halten und sie an das Unternehmen zu binden.

Pixar hat sich von einem kleinen Start-up-Unternehmen zu einem Unternehmen entwickelt, das absichtlich Millionen für kreative Experimente ausgibt. Catmulls Werte der Zusammenarbeit, des gesunden Risikos, des Feedbacks und der Iteration zeigen sich in den Mechanismen, die er bei Pixar geschaffen hat und die dem Studio zum Erfolg verhalfen. Ob es das „Braintrust“ ist – Pixars Gruppe von Vordenkern – oder ein „Postmortem“ für jeden erfolgreichen Film, Catmull hat Spitzenleistungen in Pixars DNA verankert.

19 hilfreiche Ideen für ein kreatives Umfeld

Um einen kreativen Arbeitsplatz zu gestalten, hat Ed Catmull wesentliche Prinzipien aus dem akademischen Umfeld übernommen, in dem er vorher tätig war. Catmull war als Doktorand in Informatik an der Universität von Utah erfolgreich gewesen und wollte bei Pixar eine ähnliche Arbeitsumgebung schaffen, weil seine Professoren mehr Wert auf Betreuung und Zusammenarbeit als auf Unterricht und Aufgaben gelegt hatten.

Dazu gibt er in seinem Buch gute Anregungen:

1. Gute Leute gewinnen!

Stelle Leute ein, die schlauer sind als Du und erkenne Sie an, dass Ihre eigene Unsicherheit Ihnen bei der richtigen Wahl in die Quere kommen kann. Bedenken Sie, dass diese Neueinstellungen Sie und Ihr Unternehmen positiv weiterentwickeln werden. Catmull beschreibt diesen Schritt als entscheidend für den späteren Erfolg von Pixar.

2 . Keine Angst vor Transparenz!

Wenn Du in einem neuen Bereich oder einer neuen Branche tätig bist, riskiere es ruhig, transparent zu sein. Catmull beschloss, sich mit der Computergrafik-Community zu verbünden, alles zu veröffentlichen, was das Team entdeckte, und sich an Komitees zur Überprüfung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu beteiligen. Pixar kümmerte sich trotzdem intensiv darum, die neue Technologie auch wirtschaftlich zu nutzen und gewann dabei unschätzbare Beziehungen und Verbindungen auf dem Weg.

3. Gib Deinen Mitarbeitern Zeit, ihre Arbeitsweise zu ändern.

Die größte Hürde bei der Implementierung von neuer Technologie oder neuen Prozessen sind wahrscheinlich die Mitarbeiter. Die meisten Führungskräfte bereiten sich im Projekt auf Hindernisse wie die Beschaffung von Finanzmitteln oder die Projekt-Genehmigung vor. Aber bedenke, dass die Film-Cutter von George Lucas es vorzogen, tatsächliche Filmschnipsel mit Rasierklingen zu schneiden, selbst nachdem der elektronische Filmschnitt erfunden war. Für den Erfolg ist es hier besonders wichtig, bei den Mitarbeitern die Scheu vor neuen Verfahren zu beseitigen und ihnen Zeit zu geben, das eigene Arbeitsverhalten zu verändern.

4. Irgendwas ist immer!

Catmull erkannte, dass immer wieder Probleme auftauchen werden, auch wenn die Dinge gut laufen. Als die Arbeit an „Toy Story“ im Gange war, war das nicht so einfach. Da der Prozess zum größten Teil reibungslos verlief, zögerte man lange, bestehende Probleme anzusprechen. Im Ergebnis entstand ein schwelender Konflikt zwischen Künstlern und Produktionsleitung, der fast zum Abbruch des Films geführt hätte. Seie also besonders wachsam, insbesondere wenn die Dinge gut laufen.

5. Organigramm und Kommunikationswege sind nicht dasselbe!

Catmull entdeckte nach „Toy Story“ ein weiteres Problem, weil das Team die Organisationsstruktur als Kommunikationshierarchie genutzt hatte, was unglaublich ineffizient war. Insbesondere Nachwuchskräfte hatten nicht das Gefühl, dass sie sich direkt an Vorgesetzte wenden konnten, sondern mussten jedes Problem entlang der Befehlskette vorbringen.

6. Lieber ein gutes Team als eine gute Idee!

Es ist sicherer, ein gutes Team zu haben, als gute Ideen zu haben. Catmull schreibt: „Wenn man eine gute Idee einem mittelmäßigen Team gibt, werden sie es vermasseln. Wenn Sie einem brillanten Team eine mittelmäßige Idee geben, werden sie sie entweder verbessern oder wegwerfen und sich etwas Besseres einfallen lassen.“

7. Menschen regeln Dinge, nicht Prozesse!

Du solltest misstrauisch werden, wenn jemand Dich bittet, auf den Prozess zu vertrauen. Im Laufe der Jahre entdeckte Catmull, dass dieses „Vertrauen in den Prozess“ gesunde Kritik stoppt und zu einer „Krücke“ wird, die schlampige Arbeit unterstützt. Der Prozess wird die Dinge nicht in Ordnung bringen; nur kluge, engagierte Menschen können das.

8. Besser offen als ehrlich!

Um eine Kultur des gesunden Feedbacks zu fördern, bitte Deine Leute nicht um „Ehrlichkeit“, sondern um ihre „Offenheit“. Das Wort „Ehrlichkeit“ hat starke Assoziationen mit Moral und einem Schwarz-Weiß-Denken, während „Offenheit“ eine positive, fast humorvolle Konnotation besitzt, die den Menschen dabei hilft, sich zu öffnen.

 

9. Der „Braintrust“

Um Feedback zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen und die  Arbeitsqualität gemeinsam zu verbessern, empfiehlt der Autordie Gründung einer Gruppe wie den „Braintrust“ von Pixar. Diese Gruppe überprüfte und diskutierte Filmentwürfe mit dem Regisseur. Jedes Mitglied des „Braintrust“ verfügte über tiefgreifende Erfahrung im Bereich Film oder Storytelling, aber keiner von ihnen hatte Autorität über den Regisseur.

10. Keine Angst vor dem Versagen!

Beseitige die Angst vor dem Versagen in Deinem Verantowrtungsbereich und steigere  dadurch im Ergebnis die Kreativität Deines Teams. Catmull rät, in der Nachbereitung eines Projektes insbesondere die aufgetretenen Fehler genau zu analysieren. Wenn sich das Team statt auf eine gemeinsame Problemlösung mehr auf Gedanken von Schuld und Scham konzentriert, wird Scheitern und werden Fehler weiterhin als negativ angesehen und behindern die Kreativität und Weiterentwicklung.

11. Kreativität als Experiment

Betrachte Kreativität wie ein wissenschaftliches Experiment, um Deine Ideen voranzubringen. In der wissenschaftlichen Forschung gibt es keine Erfolge oder Misserfolge, nur neue Informationen. Dabei ist es besser, mal etwas auszuprobieren, als endlos zu planen.

12. Die wichtigste Währung: Vertrauen!

Der sicherste Weg zu wissen, wann man jemanden feuern sollte, ist, wenn er die Unterstützung und das Vertrauen seiner Crew verloren hat. Nachdem er mehrere Fehltritte mit minderwertigen Regisseuren erlebt hatte, erkannte Catmull dieses Muster bei den Flops. Jeder der Regisseure hatte früher oder später durch sein Verhalten das Vertrauen der Filmcrew verloren.

 13. Transparenz nach innen

Keine Angst vor Transparenz gegenüber den Menschen, die Du führst. Laut Catmull sind „Vorbesprechungen vor Meetings“, um niemanden zu überraschen, eine reine Zeitverschwendung. Und das Verschweigen von Informationen vor Deinen Untergebenen ist ein Machtspiel, das die Mitarbeiter nur verunsichert, aus dem Konzept bringt und demotiviert.

14. Kreativität und Qualität vor Profit!

Wenn Unternehmen wachsen und mehr Erfolg sehen, besteht die Gefahr, das Streben nach einem profitableren Ergebnis über die Qualität zu stellen und Kreativität zu behindern. Als Pixar wirtschaftlich abhob, glich Catmull die erhöhte kommerzielle Nachfrage mit mehr Spielraum für unbeschwerte, künstlerische Vorhaben wie Kurzfilme und Experimente aus, um die KReativität zu fördern und die Qualität der Ideen aufrecht zu erhalten.

15. Wetter: Es bleibt wechselhaft!

Der Regisseur von „Die Unglaublichen“ und „Ratatouille“ Brad Bird sagt, dass eine gesunde kreative Arbeitsumwelt wie das Wetter ist. Tage der Produktivität und Harmonie sind die sonnigen Tage, aber genauso wertvoll sind die stürmischen Tage. Stürme bei der Arbeit – durch konstruktive Konflikte, Kritik oder Verwirrung – können auch zu guten Dingen führen.

16. Die Schönheit großer Ideen: das Unperfekte

Woran erkennt man, ob eine große Idee vielversprechend ist? Catmull meint dazu, die besten Ideen sind noch nicht voll ausgebildet. Sie sind klein und verletzlich und sie brauchen Zeit, um zu wachsen. Er misstraut Ideen, bei denen von Anfang an der komplette Handlungsbogen und die Charaktere bereits festzustehen scheinen.

17. Auf das „Verborgene“ achten!

Während Pixar wuchs, scheiterten andere Unternehmen im Silicon Valley, weil sie wichtige Geschäftsfaktoren und Probleme nicht beachtet hatten. Jetzt achtet Catmull auf das, was er „das Verborgene“ nennt. Er weiß, dass Pixar früher oder später auch stolpern und kämpfen müssen wird, aber je eher er diese versteckten Probleme findet, desto eher kann er sie beseitigen.

18. Die „additive“ Sichtweise

Konflikte am Arbeitsplatz können einfach beseitigt oder zumindest entschärft werden, indem eine Mentalität der „additiven Sichtweise“ entwickelt wird. Wenn Meinungsverschiedenheiten auftreten, helfen den anderen zu verstehen, dass ihre Perspektiven zwar unterschiedlich sind, aber nicht miteinander im Wettbewerb stehen. Es geht nicht ums Gewinnen, sondern darum, aus allen Standpunkten gemeinsam etwas Neues zu schaffen.

19. Erfahrungen aus 1. Hand

Erfahrungen aus erster Hand sind unersetzlich. Dafür stellt Catmull ein angemessenes Budget für Forschungsreisen zur Verfügung, damit sein Team in relevante Themen eintauchen kann. Eines seiner Teams besuchte so u.a. das MIT, Princeton und Harvard, um sich auf das Schreiben von „Monsters University“ vorzubereiten. Ein anderes Pixar-Team reiste nach Frankreich und begleitete über einen längeren Zeitraum einen Spitzenkoch in Vorbereitung des Films „Ratatouille“.