Eigene Emotionen zu unterdrücken kann uns einiges kosten.

Die Studie des Monats

 

Das Journal für Persönlichkeit und Soziale Psychologie hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, was es uns kostet, wenn wir unsere wahren Emotionen am Arbeitsplatz unterdrücken und stattdessen „gute Miene zum bösen Spiel“ machen. Dazu hat die Universität von Toronto zwei Studien mit Eltern durchgeführt, die versuchten, ihre Emotionen vor ihren Kindern zu verbergen.

 

Unterdrückung von Emotionen wirkt negativ

Die Studien fanden heraus, dass Eltern, die vor ihren Kindern ein gewisses Maß an Fröhlichkeit und Positivität präsentierten, obwohl sie sich in Wirklichkeit weniger gut fühlten, dazu neigten, ihre eigene Stimmung nachhaltig zu verschlechtern und sich generell weniger begeisterungsfähig und positiv fühlten.

Obwohl sich die Studie mit Eltern und ihren unterdrückten Emotionen befasst hat, bestätigt sie eine Reihe anderer Studien über die grundsätzlichen Auswirkungen von unterdrückten Emotionen und die Zurschaustellung falscher positiver Gefühle. Ihre Erkenntnisse lassen sich daher auch auf unser alltägliches Verhalten am Arbeitsplatz anwenden.

 

Ist die Bewahrung der eigenen Selbstbeherrschung immer richtig?

    Eine Studie der Universität Stanford aus dem Jahr 1999 fand heraus, dass die Kosten der Selbstbeherrschung – im Sinne einer Unterdrückung negativer Gefühle und Verstärkung positiver Emotionen – in zwei wesentlichen Faktoren liegen:

    1. Das Unterdrücken negativer Emotionen wirkt sich negativ auf unser Kurzzeitgedächtnis aus, solange wir mit der Unterdrückung unserer Gefühle beschäftigt sind, weil wir dafür Energie benötigen.
    2. Darüber hinaus wird durch die Unterdrückung unserer Gefühle unser Stress-Level erhöht und unser Herzschlag wird schneller.

    Eine andere Untersuchung der Academy of Management Review bestätigte 2005, dass die Unterdrückung negativer Emotionen und die Betonung positiver Gefühle zu einer signifikant höheren psychischen Arbeitsbelastung führen.

    Tatsächlich versuchen wir in unserem Arbeitsumfeld häufig, weniger emotional aufzutreten als wir wirklich sind, insbesondere dann, wenn wir uns ärgern oder aufgeregt sind. Wir haben gelernt, dass zu emotionales Auftreten im geschäftlichen Umfeld als unprofessionell wahrgenommen wird. Andererseits belegen die Studien, dass wir für die Bewahrung unserer Selbstbeherrschung einen hohen, auch gesundheitlichen, Preis zahlen müssen. Gibt es eine Alternative?

    4 Möglichkeiten im Umgang mit negativen Gefühlen

    Natürlich kann die Empfehlung nicht lauten, alle Gefühle einfach herauszulassen, besonders dann nicht, wenn wir uns über Kollegen geärgert haben. Betrachten wir vier Möglichkeiten, mit solchen Situationen umzugehen:

     

    • „Ins Kissen beissen“: Eine Empfehlung lautet häufig, sich eine andere Person zu suchen, die ein guter Zuhörer ist und bei der man seine Frustration aussprechen kann, vielleicht verbunden mit Arbeit an einem Punching Ball oder einem Schlagen auf Kissen.
      Tatsächlich belegte die Iowa State University bereits in den Jahren 1999 und 2002, dass diese Strategie der Wiederholung der negativen Gefühle eher zu einer negativen Verstärkung der Gefühle beiträgt, als sie zu verarbeiten und aufzulösen. Das Department of Psychology in Washington D.C. fand in einer Reihe von Experimenten heraus, dass das Ausleben einer negativen Emotion sich schlimmer auswirkt, als wenn man nichts tun würde.
      Das Ziel mancher Gesprächstherapien des „lebe nochmal alles von dieser negativen Situation aus, damit es rauskommt“ scheint also eher die negativen Emotionen zu verstärken und den emotionalen Stress zu verlängern.

     

    • „Ruhig und gelassen bleiben“: Auch das Bemühen um Ruhe und innere Gelassenheit hat, wie mehrere Studien beweisen, einen stark steigenden Stress-Level und verstärkte negative Gefühle zur Folge.

     

    • „Konzentration auf eine andere Sache“: Die sogenannte Ablenkungstaktik wurde im Jahr 2011 bereits von der Lund Universität in Stockholm und der Stanford University untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ablenkungstaktik zwar zunächst recht gut funktioniert, aber keine nachhaltigen Effekte erreicht. Es kann  sogar zu einem verstärkten Rückprall-Effekt kommen, der die ursprünglichen negativen Emotionen in verstärkter Form später wieder zurückholt.

     

    • „Veränderung des eigenen Blickwinkels“: Wenn wir uns in einer Situation die Frage stellen, welche Bedeutung sie wohl in 200 Jahren hätte, geraten die Dinge wieder in eine hilfreiche Perspektive. Auch die Beantowrtung der Frage: „Wie würde XY die Situation sehen?“ kann helfen, die eigene Position zu hinterfragen.

      Diese „Technik der kognitiven Neubewertung“ funktioniert von allen vorgestellten Alternativen im Hinblick auf die Bewältigung negativer Emotionen am besten, wie verschiedene Untersuchungen in den letzten 10 Jahren immer wieder belegt haben. Eine gute Neueinordnung der Situation, insbesondere vielleicht in humorvoller Weise und ohne sich auf weitere negative Umstände zu fokussieren, lässt die Negativgefühle verschwinden und hat langfristig positive Wirkungen.

    Hilfreich: Die eigene kognitive Neubewertung

    Die Kognitive Neubewertung ist eine Technik zur Regulierung der eigenen Emotionen und stellt in Bezug auf die Entwicklung von Resilienz und den nützlichen Umgang mit negativen Emotionen den Gold-Standard dar. Sie verändert die Ausrichtung der Emotionen, indem sie ihre Bedeutung verändert.

    Die kognitive Neubewertung findet in zwei Schritten statt:

    • Die Identifizierung und vorurteilsfreie Anerkennung meiner negativen Reaktionen auf eine bestimmte Situation entwickelt die eigene emotionale Intelligenz.
    • Die Fähigkeit, eine Situation neu zu interpretieren und aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten führt zukünftig zu einem positiveren Umgang mit der Situation, falls sie sich wiederholen sollte.

     

    Anstatt also ein unechtes Lächeln aufzusetzen und die eigenen negativen Emotionen zu unterdrücken, ist es besser, zu versuchen, einen anderen Blickwinkel auf das Geschehen zu finden, um positiv damit umgehen zu können.

    Tatsächlich verwende ich im Mentoring und im persönlichen Coaching eine Reihe unterschiedlicher Techniken, die bemerkenswert gut funktionieren und nachhaltig positive Wirkungen, zum Beispiel auf die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit meiner Klienten zeigen.

     

    Referenz:

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    Bushman, B. J., Baumeister, R. F., & Stack, A. D. (1999). Catharsis, aggression, and persuasive influence: Self-fulfilling or self-defeating prophecies?. Journal of personality and social psychology, 76(3), 367. 

    Bushman, B. J. (2002). Does venting anger feed or extinguish the flame? Catharsis, rumination, distraction, anger, and aggressive responding. Personality and social psychology bulletin, 28(6), 724-731. 

    Le, B. M., & Impett, E. A. (2016). The Costs of Suppressing Negative Emotions and Amplifying Positive Emotions During Parental Caregiving. Personality & social psychology bulletin, 42(3), 323. 

    Moore, S. A., Zoellner, L. A., & Mollenholt, N. (2008). Are expressive suppression and cognitive reappraisal associated with stress-related symptoms?. Behaviour research and therapy, 46(9), 993-1000. 

    Ray, R. D., Ochsner, K. N., Cooper, J. C., Robertson, E. R., Gabrieli, J. D., & Gross, J. J. (2005). Individual differences in trait rumination and the neural systems supporting cognitive reappraisal. Cognitive, Affective, & Behavioral Neuroscience, 5(2), 156-168. 

    Thiruchselvam, R., Blechert, J., Sheppes, G., Rydstrom, A., & Gross, J. J. (2011). The temporal dynamics of emotion regulation: an EEG study of distraction and reappraisal. Biological psychology, 87(1), 84-92.